Ich hatte genau drei Dates erlebt, als mir mein erstes Übernachtungs-Date bevorstand. Die Dates zuvor dauerten allesamt jeweils zwei Stunden und verliefen recht ähnlich. Für mich war dieser Umstand jedoch perfekt, da ich mich so ganz langsam an mein neues, aufregendes Leben herantasten konnte. Mit einer längeren Buchung wäre ich ganz am Anfang schon ein
wenig überfordert gewesen. Nun kam diese Anfrage dann doch schneller als erwartet, stimmte mich aber mehr freudig aufgeregt als besorgt.

Das Date sollte in einer für mich etwas weiter entfernten Großstadt stattfinden. Fünf Stunden Bahnfahrt würden vor mir liegen. Genauso hatte ich mir das vorgestellt: mit einem prall gefüllten Koffer voller kleiner Geheimnisse, dem kleinen Schwarzen und High Heels auf Reisen. Der Gedanke, dass mich wohl jeder für eine Geschäftsreisende halten würde, ich aber doch etwas ganz anderes vorhatte, regte mich über die Maßen an. Obwohl – im Grunde war ich ja auch in einer Mission unterwegs – in einer geheimen Mission. Bevor es losgehen sollte war jedoch noch eine Menge vorzubereiten. Das letzte Mal, dass ich eine gesamte Nacht mit einem Mann verbrachte habe, war über ein halbes Jahr her – und mit meinem damaligen Partner. Nun sollte dies mit einem vollkommen fremden Mann sein, was mich zugegebenermaßen auch etwas mulmig stimmte. Daher war ich sehr dankbar dafür, dass Anna mir reichlich Tipps und Ratschläge erteilte, wie ich mich zu verhalten hatte.

Der Kunde war der Agentur bekannt und ich bekam, wie bisher bei jedem Date, eine Selbstbeschreibung des Herrn mit dessen Vorstellungen und Vorlieben. Für das Overnight benötigte ich mehr Kleidung als für ein gewöhnliches Date – ich musste auf alles vorbereitet sein. So wanderten neben einem Paar Wechselschuhen, einem frischen Kleid für den nächsten Tag, mehreren Sets Dessous, diversen halterlosen Strümpfe, sowie einem hübschen Negligé für die Nacht auch einige mehr Spielsachen als sonst – nun war ja genug Zeit, ein wenig auszuprobieren – in meinen Koffer.

Die letzten Meter zum Hotel (einem besonders edlen Fünf-Sterne-Hotel, von welchem ich bisher nur träumen konnte) angekommen war, telefonierte ich mit Anna, die mich weiter gründlich auf mein bevorstehendes Date vorbereitete und so meine damit in Verbindung stehende Nervosität etwas eindämmte. Ich hatte wieder Anweisung, direkt an die Zimmertüre zu klopfen. Auch nach späteren Dates war mir diese Form des ersten Kennenlernens deutlich lieber – aber das ist wohl Geschmackssache. Ich habe durchaus von Escorts gehört, denen es lieber ist, in der Lobby abgeholt zu werden. Da ich jedoch generell bei jedem Date über die Maßen nervös und aufgeregt bin, würde bei jedem fremden Blick mein Gedankenkarussell nur weiter angestoßen. Viel lieber als verloren und suchend blickend in der Lobby umherzuirren, klopfe ich an die anonyme Hoteltüre – in freudiger Erwartung, wer sie wenig später offen würde.

Er war groß, gut aussehend und wirkte wesentlich jünger als angegeben – Jackpot. Wir verstanden uns auf Anhieb und verfielen direkt in ein angeregtes Gespräch. Der Abend war bei meiner Ankunft bereits vorgeschritten, sodass wir beide bereits zu Abend gegessen haben. So haben wir uns anderen Dingen gewidmet. Es war ein wunderschöner Abend, lange hatte ich mich nicht so sorglos und unbeschwert gefühlt. Er wusste ganz genau, wie man mit einer Frau umzugehen hat und las mir nahezu jeden Wunsch von den Augen ab. Die Leidenschaft zwischen uns war echt und kaum zu zügeln. Erschöpft fielen wir gegen Mitternacht auf den Rücken und in einen erholsamen Schlaf. Der nächste Morgen begannt so, wie es sich vermutlich jeder Mann wünscht – und auch meine Fantasien wurden erfüllt. So kann man in den Tag starten, dachte ich mir – und mein Date war ganz meiner Meinung. Während er kurz unter die Dusche sprang wälzte ich mich noch ein letztes mal in der weichen Hotelbettwäsche und streckte mich. Was für eine Nacht. Vor allem mit dem Aufwachen im Hotel assoziiere ich das Gefühl von Urlaub. Und so fühlte ich mich: wie im Urlaub – entspannt und erholt. Einer der Gründe, warum ich meine Escorttätigkeit nie als reinen Job sehen kann. Abschließend genossen wir noch ein ausgiebiges Frühstück mit einer atemberaubenden Aussicht, bis ich mich verabschiedete und mir sicher war: Das war definitiv eine meiner besten Date-Erfahrungen – und ich stand noch ganz am Anfang …